Die Quartiere im südlichen Suhr erleben aktuell einen enormen Entwicklungsschub. Der lange Atem der Suhrer hat sich gelohnt. Die Besitzer und Investoren sowie die Gemeinde Suhr haben viel für die Entwicklung der Quartiere getan.
Jahrelang waren die Suhrer Süd-Quartiere die Stiefkinder der Gemeinde. Frohdörfli, Buhalde, Helgenfeld; diese Namen standen für Problemfälle, für hohe Sozialhilfequoten, für alten Wohnraum. Doch jetzt erfährt der Dorfteil südlich der Eisenbahnlinie einen enormen Entwicklungsschub. Viele Projekte, seit Jahren angedacht, wurden über die letzten Monate weiter- entwickelt und vorangetrieben – und kumulieren sich jetzt zufällig zu einem veritablen Neustart für Suhr Süd.
Ein komplett neues Quartier wachsen, mitunter 39 Meter in die Höhe, wird bald auf dem Henz-Areal. Das Baugesuch lag im Mai auf, dagegen gingen einige Einwendungen ein. Gemäss Auskunft der Bauverwaltung wird die Baubewilligung aber demnächst erteilt. Damit ist der Weg für die Überbauung mit vier Wohnbauten inklusive Hochhaus (total 205 Wohneinheiten) und Gewerbelokalen nach Jahren der Planung frei. Das Investitionsvolumen beträgt 110 Millionen Franken, die Fertigstellung ist 2023 geplant.
Baubewilligung liegt in Reichweite
Ein Glücksfall für die Gemeinde ist die neue Eigentümerin der Siedlung Frohdörfli, die Profond Anlagestiftung. Jahrelang vernachlässigt, werden die Mehrfamilienhäuser (insgesamt 170 Wohnungen) aktuell saniert. Auch die Umgebung wird aufgewertet: So wird beispielsweise die Baracke, bei der sich seit Jahren Abfallberge türmen, durch einen Brunnen ersetzt. Der Abfall wird künftig in Unterflurcontainern gesammelt. Weiter ist auch ein Pumptrack geplant. Gemäss Auskunft der Bauver- waltung musste das Baugesuch für die Umgestaltung (Kostenpunkt 400000 Franken) auf Weisung des Kantons hin angepasst werden; eine Baubewilligung liegt aber in Reichweite.
Der Töpferhaus-Rohbau steht, jetzt läuft der Innenausbau
Die offensichtlichste Veränderung hat in den letzten Monaten am Schützenweg stattgefunden: Seit Sommer 2019 ist der neue Dreifachkindergarten in Betrieb. Der alte Kindergarten wurde renoviert und dient seit August als Nachbarschaftshaus. Hier betreiben die Quartierentwicklung und der Familientreff Suhrrli unter einem Dach unter anderem die Spielgruppe, Computer-, Sprach- und Kindertreff oder ein Häkelatelier.
Spatenstich war im Mai 2020 auch für das dreistöckige Arbeits- und Wohnhaus der Aarauer Stiftung Töpferhaus (die Gemeinde hat der Stiftung das Land für 80 Jahre im Baurecht abgegeben). Inzwischen ist der Rohbau fertig, den Winter über läuft der Innenausbau. Gemäss aktuellem Zeitplan kann die Stiftung das Gebäude am 12. Juli 2021 übernehmen, dann wird während zwei Wochen gezügelt. Das grosse Eröffnungsfest ist für den 9. September geplant.
«Wir sind hier eingebettet in der Gesellschaft»
Mit dem neuen Gebäude lindert die Stiftung nicht nur ihre seit Jahren brenzlige Raumnot, sie rückt auch mitten in ein Quartier. Im «Haus für Menschen» werden künftig Erwachsene mit einer psychischen Beeinträchtigung wohnen (dafür werden 19 Wohnstudios gebaut) und Back- und Teig- waren produziert, unter anderem die Aarau-Spezialität «Bachfisch». Die Cafeteria im Erdgeschoss soll von den Quartierbewohnern mitgenutzt werden. Ein grosses Anliegen von Stiftung und Gemeinderat. «Wir sind hier eingebettet in der Gesellschaft, mitten im Quartier», sagt Daniel Aeberhard, Geschäftsführer der Stiftung. «Das ist ein Mehrwert für alle.»
«Wer sich wohlfühlt im Quartier, trägt ihm Sorge»
Diese Entwicklungen sind natürlich den Besitzern und Investoren zuzuschreiben; aber nicht nur: Die Gemeinde Suhr hat viel für die Entwicklung seiner Quartiere getan. Sie leistet sich unter anderem das Projekt Quartierentwicklung, das nun per Januar – nach einem vierjährigen Pilotprojekt – fix eingeführt wird. «Wir freuen uns sehr darüber, welche Entwicklung das südliche Suhr nun macht», sagt Leiterin Anna Greub. Sie steht im engen Kontakt mit den Bewohnern, aber auch mit den verschiedenen Liegenschaftsbesitzern. Das Ziel ist klar: Attraktive Quartiere bilden, die zu mehr Begegnungen und so zu mehr Lebensqualität führen. «Wer sich wohlfühlt im Quartier, bleibt länger hier wohnen und trägt ihm Sorge, ist besser integriert», sagt Greub.
Wandel zum Positiven nach zehn Jahren
Entsprechend gross ist die Freude bei den Verantwortlichen, dass diese Bemühungen nun – und teils nach jahrelanger Arbeit – erste Früchte tragen: «Jetzt zeigt sich, dass sich der lange Atem, die viele Arbeit und vor allem die hohen Investitionen der Suhrer Bevölkerung lohnen», sagt Anna Greub. Und Gemeinderat Daniel Rüetschi, zuständig für das Ressort Soziales, sagt: «Nach fast zehn Jahren Diskussionen, Studien, Planungen und einem grossen Pilotprojekt, wandelt sich Suhr Süd dank dem Engagement von vielen Beteiligten nun zügig zum Positiven. Das freut mich sehr.»
Originaltext von Katja Schlegel, Link zum Online-Artikel
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/nach-diskussionen-studien-und-planungen-der-schlechte-ruf-platzt-ab-ein-neustart-fuer-suhr-sued-140296043